20.01.2020

Hamburg kombiniert Praxisklassen mit der Berufseinstiegsbegleitung für bessere Chancen auf einen Ausbildungsplatz Prosperierende Hamburger Wirtschaft braucht alle Talente – Stadt investiert 4,2 Millionen Euro in Berufseinstiegsbegleitung

Für den Start ins Berufsleben ist es wichtig, möglichst bald nach der Schule ein Studium oder eine Berufsausbildung zu beginnen. Dank mehrerer Reformen in der beruflichen Bildung gelingt das in Hamburg immer mehr Jugendlichen nach der zehnten Klasse: Aktuell haben 40,2 Prozent der Schulabgänger direkt im Anschluss den Übergang in Ausbildung und Beruf geschafft (2012: 25,2 Prozent). Schwieriger sieht es für junge Menschen aus, die schon in der Schule Schwierigkeiten haben und nicht sicher sind, ob sie den Abschluss schaffen oder gar einen Ausbildungsplatz finden. Diesen Jugendlichen stellt der Senat Berufseinstiegsbegleitungen an die Seite – eine Maßnahme, für die Hamburg in den nächsten fünf Jahren 4,2 Millionen Euro bereitstellt. Kombiniert werden soll diese Maßnahme mit einem Bildungsangebot, dass in Hamburg bereits an zwölf Pilotschulen erfolgreich erprobt wurde: den Praxisklassen, in denen Schüler mit schwierigen Lernvoraussetzungen drei Tage pro Woche in der Schule und zwei Tage in einem Betrieb lernen. Bildungssenator Ties Rabe: „Zusammen mit den Berufseinstiegsbegleiterinnen und -begleitern ist auf diese Weise eine verlässliche Betreuung der Schülerinnen und Schüler vor Ort in den Betrieben gewährleistet.“

Für Schülerinnen und Schüler, bei denen schon in der 9. Klasse absehbar ist, dass sie Schwierigkeiten haben werden, ihren Hauptschulabschluss zu schaffen und voraussichtlich auch keinen Ausbildungsplatz finden werden, gab es bisher ein besonderes Unterstützungsangebot des Bundes: die Berufseinstiegsbegleitung, finanziert je zur Hälfte durch die Bundesagentur für Arbeit und Mittel aus dem Europäischen Sozialfonds ESF. Da die ESF-Förderperiode Ende 2019 endet, steht das Projekt in vielen Bundesländern vor dem Aus. Nicht so in Hamburg: Der Senat hat beschlossen, als Kofinanzierer einzuspringen und so die Weiterführung der Maßnahme zu ermöglichen. Für die Jahre 2020 bis 2025 wird die Hansestadt den Kofinanzierungsanteil in Höhe von 4,2 Millionen Euro übernehmen – und in gleicher Höhe beteiligt sich die Agentur für Arbeit Hamburg. Senator Rabe: „Damit ist die Berufseinstiegsbegleitung für rund 600 Hamburger Schülerinnen und Schülern mit schwierigen Voraussetzungen im Übergang Schule und Beruf gesichert. Als flankierende Maßnahme werden wir außerdem allen Hamburger Stadtteilschulen ermöglichen, sogenannte Praxisklassen einzurichten – ein Modell, das den Lernort Schule mit dem Lernort Betrieb verbindet.“

Sönke Fock, Vorsitzender der Geschäftsführung in der Agentur für Arbeit Hamburg: „Die Praxisklassen helfen Jugendlichen, direkt mit und im Unternehmen berufliche Kenntnisse und Erfahrungen zu erlangen. Dabei stimmen die Berufseinstiegsbegleiter individuelle Wünsche und Ideen mit betrieblichen Erfordernissen ab, um letztlich eine gute und gewollte Berufsentscheidung zu treffen. Unsere Kofinanzierung in Höhe 50 Prozent der Gesamtkosten ist deshalb gut angelegt“.

Hjalmar Stemmann, Präsident der Handwerkskammer Hamburg: „Die Handwerkskammer setzt sich seit Langem für einen verstärkten Praxisbezug der schulischen Berufsorientierung ein. Sie begrüßt deshalb die Entscheidung des Senats, Praxisklassen zum Regelangebot an allen Stadtteilschulen zu machen. Dies ermöglicht es den Betrieben in Kooperation mit den Schulen, dringend benötigte Nachwuchskräfte zu gewinnen. Über einen längeren Zeitraum lernt der Betrieb einen Schüler näher kennen und umgekehrt. Das schafft Vertrauen und fördert das Selbstbewusstsein. Zudem trägt die Praxisklasse dazu bei, das Profil der Stadtteilschule als Schule mit dem besten Draht zur Hamburger Wirtschaft zu schärfen.“

André Mücke, Vizepräses der Handelskammer Hamburg: „Die Wirtschaft sucht dringend Auszubildende und Fachkräfte. Aber zu häufig finden Jugendliche noch nicht den direkten Weg in Ausbildung. Praktische Erfahrungen in Betrieben zu sammeln, ist deshalb für Schülerinnen und Schüler die beste Möglichkeit, in eine spätere duale Ausbildung hineinzuschnuppern, Berufe und Unternehmen kennenzulernen und schließlich eine fundierte Berufswahl zu treffen. Unsere Ausbildungsbetriebe haben dadurch die Chance, ihre Auszubildenden und Fachkräfte von morgen in Augenschein zu nehmen und an sich zu binden. Eine professionelle Berufseinstiegsbegleitung kann dabei helfen, Hürden abzubauen und am Ende zu einem erfolgreichen Matching von Jugendlichen und Ausbildungsplatz zu führen.“

Berufseinstiegsbegleitung: Förderperiode läuft aus – Hamburg macht weiter
Die Kosten der Berufseinstiegsbegleitung wurden bisher jeweils zur Hälfte von der Bundesagentur für Arbeit (BA) sowie durch das ESF-Bundesprogramm Berufseinstiegsbegleitung getragen. Da die ESF-Förderperiode Ende des Jahres ausläuft, muss die Kofinanzierung nun durch Dritte, vorzugsweise durch die Bundesländer, gewährleistet werden. Bisher haben jedoch nur wenige Bundesländer diese Kofinanzierung zugesagt. Hamburg hat nun – neben Bayern und Nordrhein-Westfalen – die Kofinanzierung für die kommenden fünf Jahre zugesagt. Berufseinstiegsbegleiterinnen und -begleiter unterstützen junge Menschen kontinuierlich und individuell von der Schule bis in die Berufsausbildung. Die Maßnahmen beginnen in den Vorabgangsklassen der weiterführenden Schulen und reichen bis zu sechs Monate in die Berufsausbildung hinein. Gelingt der nahtlose Übergang nicht, erfolgt die Begleitung im Übergangsbereich bis zu 24 Monate.
Auf welchem Weg kommen die Lebensmittel in den Supermarkt? Welche Rolle spielt Mathematik in einer Bäckerei? Wie funktioniert ein Diesel-Motor? Das sind Fragen, die nicht unbedingt auf dem Lehrplan von Schulen stehen. Zum Unterricht in den Betrieb – so funktioniert das Modell der Praxisklassen. In Hamburg ist geplant, die Berufseinstiegsbegleitung an das Modell der Praxisklassen zu koppeln. Zurzeit bieten bereits 13 Hamburger weiterführende Schulen Praxisklassen an: die Stadtteilschulen Auf der Veddel, Bahrenfeld, Bramfeld, Brüder Grimm, Ehestorfer Weg, Eppendorf, Hamburg-Mitte, Kirchwerder, Lessing Stadtteilschule, Mümmelmannsberg, Niendorf, Süderelbe und die Wichern-Schule. Die drei in den Jahren 2013 bis 2017 erfolgreichsten Schulen mit Praxisklassen – die Stadtteilschulen Auf der Veddel, Kirchwerder und Niendorf – haben regelmäßig Übergangsquoten von über 50 Prozent.

Alle Stadtteilschulen können Praxisklassen einrichten
Hamburg wird allen Stadtteilschulen ermöglichen, Praxisklassen einzurichten, denn grundlegend für die zu treffenden Berufswegentscheidungen sind konkrete Erfahrungen in der Berufs- und Arbeitswelt. Praktika sind auch aus Sicht der Wirtschaft ein besonders geeignetes Mittel um die Berufswahlentscheidung von Jugendlichen verlässlich anzubahnen, um so zukünftige Auszubildende zu gewinnen. Gleichzeitig merken Jugendliche, was im Betrieb, in dem Beruf, den sie sich wünschen, gebraucht wird. Sie übernehmen in der Folge verstärkt Verantwortung für das eigene Lernen. Bewährt hat sich als Organisationsform das Modell der Praxisklasse, die den Lernort Schule mit dem Lernort Betrieb verbindet. An zwei Tagen in der Woche besuchen die Schülerinnen und Schüler für etwa zwölf Wochen im Schulhalbjahr einen Praktikumsbetrieb. Der Unterricht erfolgt an zwei Lernorten, die Stundentafel wird entsprechend angepasst. Das heißt, auch in den Praxisklassen können die Schülerinnen und Schüler ihren Schulabschluss machen. Die Sicherung der Abschlüsse erfolgt durch klare Vorgaben, was unterrichtet werden muss. Die Schüler erhalten mindestens 20 Wochenstunden in den Fächern Deutsch, Mathematik, Englisch, Naturwissenschaften, Gesellschaftswissenschaften, Sport und den Künsten. Alle Schüler erfüllen damit die Mindestauflagen, um sowohl den Ersten Allgemeinen Abschluss (ESA), den erweiterten ESA, aber auch den Mittleren Schulabschluss (MSA) zu erreichen.

Praxisklassen auch für höherwertigere Ausbildung attraktiv
Damit ist die Praxisklasse auch für Schülerinnen und Schüler attraktiv, die eine höherwertigere Ausbildung beispielsweise in den MINT-Berufen im Blick haben. So blieben im August 2019 nach Angaben der Agentur für Arbeit im Bereich technische und IT-Berufe über 600 Ausbildungsplätze noch unbesetzt. Senator Rabe: „Hier eröffnen sich Chancen für die Schülerinnen und Schüler, über frühe Kontakte zu Betrieben in der Branche Fuß zu fassen und Ausbildungsverträge mit Verlassen der Schule in der Tasche zu haben. Gleichzeitig erkennen die Schülerinnen und Schüler über die betrieblichen Erfahrungen die Bedeutung einer soliden Grundbildung im Bereich Sprache und Naturwissenschaften und werden motiviert, sich beim Lernen ordentlich anzustrengen.“ Die Lehrkräfte können die so entstehende Wissbegier ihrer Schüler zielgenau bedienen, da sie selbst die Bedeutung der Lernstoffe im Kontakt mit den Ausbildungsleitungen der Betriebe und eigen Anschauung von Produktions- und technischen Zusammenhängen hautnah erfahren.

Zusammen mit den Berufseinstiegsbegleiterinnen und -begleitern ist eine verlässliche Betreuung der Schülerinnen und Schüler vor Ort in den Betrieben gewährleistet. Formales Lernen in der Schule wird mit informellem Lernen im Betrieb verbunden, Reflexionsprozesse werden anzustoßen. Die an außerschulischen Lernorten erworbenen Kenntnisse, Fähigkeiten und Kompetenzen werden im schulischen Unterricht nachbehandelt und in die schulische Leistungsbewertung einbezogen. Konkret erfolgt dies durch betriebliche Lernaufgaben. In Praxisklassen hat jeder Schüler eine Mentorin oder einen Mentor: Das Klassenteam, bestehend aus Klassenlehrer, Berufsschullehrer und Berufseinstiegsbegleiter, ist verantwortlich für alle Aspekte des individuellen Lern- und Persönlichkeitscoaching. Die Mentorinnen und Mentoren begleiten die individuellen Entwicklungsprozesse und sind verantwortlich für den Prozess des Übergangsmanagements.

Formales Lernen in der Schule wird mit informellem Lernen im Betrieb verbunden. Die im Praxisbetrieb erworbenen Kenntnisse, Fähigkeiten und Kompetenzen werden im Unterricht nachbehandelt und in die schulische Leistungsbewertung einbezogen. Konkret erfolgt dies durch betriebliche Lernaufgaben. In Praxisklassen hat jeder Schüler eine Mentorin oder einen Mentor: Das Klassenteam, bestehend aus Klassenlehrer, Berufsschullehrer und Berufseinstiegsbegleiter, ist verantwortlich für alle Aspekte des individuellen Lern- und Persönlichkeitscoaching. Die Mentorinnen und Mentoren begleiten die individuellen Entwicklungsprozesse und sind verantwortlich für den Prozess des Übergangsmanagements.

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