Aus dem Bild sitzen vor einem dunklen Hintergrund 3 Männer und 2 Frauen, jeder auf einem dunklen Sessel.© 1

Erste Bilanz nach einem Jahr studienintegrierende Ausbildung

Seit einem Jahr steht jungen Menschen mit (Fach-)Abitur in Hamburg ein innovativer neuer Bildungsweg offen: Die studienintegrierende Ausbildung (siA) bietet in einem vierjährigen Bildungsgang eine duale Berufsausbildung und ein Hochschulstudium zugleich. Das Angebot wird gut angenommen.

Zum Wintersemester 2022/23 haben 130 junge Menschen die Kombination aus Berufsausbildung und Hochschulstudium begonnen. Für das neue Bildungsmodell kooperieren die Hamburger Berufsschulen, die 2020 gegründete Berufliche Hochschule Hamburg (BHH) und inzwischen 130 ausbildende Unternehmen. Der Wirtschaft bietet sich so die Chance, leistungsstarke Schulabsolventinnen und -absolventen als künftige Fachkräfte zu gewinnen, sie langfristig zu fördern und zu halten.

Hamburgs Erster Bürgermeister Dr. Peter Tschentscher : „Die studienintegrierende Ausbildung bietet zwei Qualifikationen gleichzeitig: eine Berufsausbildung und einen Bachelor-Abschluss. Das ist ein starkes Fundament für eine berufliche Entwicklung mit vielen Karrierechancen und eine echte Bildungsinnovation. Ich danke allen Hamburger Unternehmen, die sich daran beteiligen. Mit modernen Konzepten qualifizieren wir die jungen Menschen zu Fachkräften von morgen. Jede und Jeder wird gebraucht. Ich wünsche allen Studierenden viel Erfolg und alles Gute für die Zukunft.“

Bildungssenator Ties Rabe: „Viele junge Menschen wünschen sich eine klassische Berufsausbildung und ein gutes Bachelorstudium. Die studienintegrierende Ausbildung an unserer neuen Beruflichen Hochschule Hamburg bietet beides gleichzeitig in einem vierjährigen Bildungsgang. Hochschule, Berufsschulen und Betriebe arbeiten Hand in Hand und ermöglichen den jungen Menschen so ein Studium und eine Berufsausbildung in einem Bildungsgang aus einem Guss. Mit der siA bereichern wir unsere berufliche Bildung, die in Hamburg ohnehin einen hohen Stellenwert hat. Das spiegelt sich auch in unseren Investitionen in die berufsbildenden Schulen wider. Ein umfangreiches Projekt wird der neue Ort für Bildung in Hamburg-Mitte sein: Ein Campus für 100 Millionen Euro am Brekelbaums Park, wo die Berufliche Hochschule Hamburg als Lernort der siA ebenso wie zwei Berufsschulen und ein Azubiwohnheim Platz finden sollen.“

Yasmin Fahimi, Vorsitzende des Deutschen Gewerkschaftsbundes: „Es ist eine der zentralen Stärken der studienintegrierenden Ausbildung, dass die jungen Menschen sich nicht sofort zwischen Berufsbildung und Hochschule entscheiden müssen. Sie lernen erst beide Welten kennen und wählen dann nach 18 Monaten, ob sie die Ausbildung pur oder die studienintegrierende Ausbildung mit zwei Abschlüssen zu Ende führen. Der Ansatz der studienintegrierenden Ausbildung trägt zudem den Wünschen der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer nach vielfältigen Entwicklungsperspektiven Rechnung. Und das Modell ist ein wichtiger Schritt hin zu mehr Durchlässigkeit und Gleichwertigkeit zwischen beruflicher und hochschulischer Bildung.“

Gleichwertigkeit von akademischer und beruflicher Bildung

Schulabsolventinnen und -absolventen begeistern sich meist für ein Thema oder ein Berufsfeld, nicht für einen Weg im Bildungssystem. Seit dem Wintersemester 2021/22 bietet ihnen die studienintegrierende Ausbildung deshalb eine Kombination aus dualer Ausbildung und Hochschulstudium. Die Inhalte sind optimal miteinander verzahnt, sodass sie ihr Pensum in einer Fünf-Tage-Woche absolvieren und zwei Abschlüsse in nur vier Jahren erlangen können: Ausbildungsabschluss und Bachelor.

Eine Projektgruppe am Hamburger Institut für Berufliche Bildung hatte seit 2018 alle Grundlagen und Kosten für diesen neuen Bildungsweg in einer Drucksache beschlussfähig aufbereitet. Im November 2019 beschloss die Hamburgische Bürgerschaft die Drucksache, sodass die BHH formal zum 1. Januar 2020 gegründet werden konnte und ihren Lehrbetrieb mit rund 100 Studierenden zum Wintersemester 2021/22 aufnahm.

Dr. Sandra Garbade, Geschäftsführerin am Hamburger Institut für Berufliche Bildung: „In Deutschland begannen im Jahr 2013 erstmals mehr Schulabsolventinnen und -absolventen ein Studium als eine duale Berufsausbildung. Ausgehend von dieser Erkenntnis gab es eine intensive bildungspolitische Diskussion und schließlich den Auftrag, die auch im Ausland hoch angesehene duale Berufsausbildung zu stärken. Dafür galt es, attraktive und innovative Bildungsangebote zu schaffen. Es entstand die Idee einer studienintegrierenden Ausbildung (siA). Indem die siA berufliche und akademische Bildung gleichberechtigt vereint, ist sie eine kleine Revolution in der Bildungslandschaft.“

Prof. Dr. Torsten Bleich, BHH-Vizepräsident für Studium und Lehre: „Die BHH sichert den akademischen Teil des neuen Bildungsmodells in enger Kooperation mit den Berufsschulen und den Unternehmen. Unsere Hochschule will damit sowohl die Attraktivität einer Berufsausbildung verbessern als auch den Hochschulabschluss durch eine große Praxisnähe und somit eine hohe Berufsfähigkeit der Absolventinnen und Absolventen aufwerten. Zu diesem Zweck wurde das Konzept der studienintegrierenden Ausbildung entwickelt, das eine für Studierende und Unternehmen sehr attraktive und in dieser Intensität bislang einzigartige inhaltliche und organisatorische Verzahnung der drei Lernorte bietet.“

Bildungsgänge der siA

Als Bildungsgänge sind entstanden:

  • Ausbildung zum/zur Fachinformatiker/-in mit Bachelor-Studium Informatik; kooperierende Unternehmen sind z.B, q.beyond oder die compositiv GmbH, aber auch Unternehmen wie OTTO oder die Stadtreinigung Hamburg.
  • Ausbildung zur/zum Bankkauffrau/-mann mit Bachelor-Studium BWL – Bank- und Finanzwirtschaft; kooperierende Unternehmen sind sowohl Kreditinstitute mit Sitz in Hamburg wie die Haspa oder die Hamburger Volksbank als auch überregional tätige Häuser wie die Deutsche Bank oder die Commerzbank.
  • Ausbildung zur/zum Industriekauffrau/-mann mit Bachelor-Studium BWL – Industrielles Management; hier kooperieren u.a. Beiersdorf, DURAG, die Harburg-Freudenberger Maschinenbau GmbH oder auch das Deutsche Elektronen-Synchrotron (DESY).
  • Ausbildung zur/zum Kauffrau/-mann für Marketingkommunikation mit Bachelor-Studium BWL – Marketing und Kommunikationswirtschaft; Kooperationspartner sind u.a. Hamburger Agenturen wie Jung von Matt oder Grabarz & Partner und auch Unternehmen wie Eppendorf SE oder die Mobil Krankenkasse.
  • Handwerkliche oder gewerblich-technische Ausbildung plus Bachelor-Studium BWL – Management von kleinen und mittleren Unternehmen. Die Bandbreite möglicher Berufsbilder spiegelt sich in einer Vielfalt von Betrieben wider, die eine solche Qualifizierung anbieten. Mit dabei sind unter anderem die Braaker Mühle Brot- und Backwaren GmbH oder die Herbert Herford GmbH (Elektro-, Daten- und Lichtinstallationen).

Perspektivisch sollen weitere Kombinationen aus Berufsausbildung und Hochschulstudium als studienintegrierende Ausbildung angeboten werden.

Lernorte der siA

Vier Berufsschulen sind feste Lernorte der siA. Weitere kommen im gewerblich-technischen und handwerklichen Bereich hinzu. An den Berufsschulen erlangen die Studierenden ein breites Wissen über das gesamte Berufsfeld. Ein innovatives Bildungsweg-Coaching begleitet und unterstützt zusätzlich in den ersten 18 Monaten. Beteiligte Schulen sind u. a. die Berufliche Schule für Banken, Versicherungen und Recht mit Beruflichem Gymnasium St. Pauli (BS 11), die Berufliche Schule für Medien und Kommunikation (BS 17) in Wandsbek, die Berufliche Schule für Wirtschaft Hamburg-Eimsbüttel (BS 26) und die Berufliche Schule ITECH Elbinsel Wilhelmsburg (BS 14).

An der Beruflichen Hochschule Hamburg (BHH) werden akademische Kompetenzen und wissenschaftliche Methoden vermittelt. Die Räumlichkeiten der BHH befinden sich im Berufsschulzentrum an der Anckelmannstraße, nahe dem Berliner Tor. Langfristig wird die BHH Teil des zukünftigen Berufs- und Hochschulcampus gegenüber am Brekelbaums Park. Im Regelbetrieb sollen rund 250 Studierende und Auszubildende pro Jahrgang an der BHH lernen.

Im Lehrbetrieb in den Kooperationsunternehmen erwerben die Studierenden anspruchsvolle praktische Fertigkeiten. Grundlage, um als Unternehmen an der studienintegrierenden Ausbildung mitzuwirken, ist eine Kooperationsvereinbarung mit der BHH.

Qualitätssicherung – ein neuer Bildungsweg entsteht

Die siA soll zu einem verlässlichen neuen Bildungsangebot werden mit Modellcharakter über Hamburgs Grenzen hinaus. Diesen Prozess begleitet das InnoVET-Projekt tQM mit der Entwicklung eines trialen Qualitätsmanagements. Umgesetzt wird das Projekt  im Auftrag des Bundesministeriums für Bildung und Forschung. Es wird mit vier Millionen Euro über einen Zeitraum von vier Jahren unterstützt.

 

Zur Pressemitteilung

Beim Festakt „Ein Jahr siA“ (v.r.): Bildungssenator Ties Rabe, BHH Vize-Präsident Prof. Dr. Torsten Bleich, HIBB-Geschäftsführerin Dr. Sandra Garbade, die siA-Studierende Henrietta Schwarz und Moderator Johannes Noldt.

Aus dem Bild sitzen vor einem dunklen Hintergrund 3 Männer und 2 Frauen, jeder auf einem dunklen Sessel.© 2